Als die Lenden lodern lernten
Provinzposse
DERHANK
Erzählung
eBook
21 Seiten
ISBN 978-3-7380-3050-1
0,99 €
erhältlich im Online-Buchhandel
Für Joseph K. – bis über beide Ohren in sich selbst verliebter Autor des Bestsellers „Mein Hanf“ und Inhaber eines eher mittel als prächtigen Architekturbüros – schlägt’s 13: Nachdem ihm seine heißgeliebte Pömmèrâncé stiften gegangen ist, muss er erfahren, dass ihm sein wichtigster Bauherr, der Bürgermeister von H., sein Honorar nicht mehr bezahlen will. Doch Josephs Rache ist von apokalyptischer Fürchterlichkeit. Er beschließt, das prächtige Rathaus, das er – finanziert aus den sprudelnden Gewinnen der lokalen Hanfindustrie - dem Bürgermeister ins Stadtzentrum gesetzt hat, in Schutt und Asche zu legen. Doch die Unternehmung gerät zum Fiasko: Ist sein Personal denn vollkommen unfähig? Was treibt Pömmèrâncé mit seinem Widersacher? Und was treiben die tamilischen Landarbeiter mitten im Shitfeld? Und ihre vielarmig verhedderten Götter hoch droben? Fragen über Fragen, an denen sich der Weltenbrand entflammt.
Leseprobe Als die Lenden lodern lernten
Vorwort des Autors
Was ich hier beschrob, ist eine Welt des Horrors und des Grauens! Eine verlogene Welt, so schlimm, wie sie schlimmer vielleicht nur in Wirklichkeit stattfindet, eine Welt des Sodom und Gomorra, in der sich das vom Lodern seiner Lenden angetriebene innere Tier des Menschen in seiner uns fremden Welt der sogenannten Sexualität ebenso ergießt wie in profanstem Blut und Rausche. Unvorstellbar.
Als die Lenden lodern lernten
Joseph konnte seine Tränen nicht länger unterdrücken. Beschämt wendete er sich von seinen Mitarbeitern ab, um ihre Loyalität nicht zu untergraben. Sicher, es war in der heutigen, verweib- und verweichlichten Zeit wohlgesehen, wenn ein Mann den Mut hatte, zu weinen. Aber Joseph war im Grunde seines zerschlagenen Herzens doch mehr vom alten Schlag, einer, der sich nicht unterkriegen ließ, einer, der von keiner Erschütterung so rührselig Zeugnis geben wollte.
Doch diese Erschütterung war auch für ihn zu viel. Der Bürgermeister von H. persönlich, dieser grobschlächtige Sohn einer alteingesessenen Seilerei, der nur durch die Gunst seines Parteibuchs, durch seine polternde, mit Volksnähe allenfalls zu verwechselnde Art und seine mit spitzen Ellenbogen geführte Wirtschaftspolitik in diesen hoch dotierten Posten gerutscht ist, wollte ihm sein Honorar nicht bezahlen.
Dabei hatte Josephs Architekturbüro der gesichtslosen Stadt H. im mittleren Süden des nördlichen Ostwestfalen ein modernes, dem Ort angemessenes, in keinster Weise überzogen wirkendes Rathaus von überregionaler Strahlkraft hingesetzt, von wo aus dieser selbstherrliche Despot nun regierte, als wäre er der König eines Zwergenstaates. Und nun wollte dieser gemeine Schuft, dass Joseph ihm auch noch einen adäquaten Rathausplatz vor die aufgeblasene Nase setzte, und dass für »Umme«, wie man so sagt, weil Joseph doch schon so viel Geld verdient hätte. Dieser Bürgermeister, geprägt von seiner provinziellen Krämerseele, hatte schon immer zugesehen, alles für »Lusche«, wie man auch manchmal sagt, zu bekommen. So war er aufgestiegen in diesem der Welt noch unbekannten Ort, hatte seinen Vorgänger und Parteifreund zu immer neuen Zugeständnissen gedrängt, hatte sich hier ein Pöstchen und da ein Privileg ergaunert, bis der seit Generationen regierende Altbürgermeister unter dem massiven Druck verlogener Machenschaften abdanken musste und seitdem im Düsseldorfer Exil ein trauriges Dasein fristet. Und nun wollte der neue Herrscher, dieser eitle Popanz, mehr und immer mehr.
Ach, wenn Pömmèrâncé ihn doch jetzt so sehen könnte, dachte Joseph in einem Moment aufkeimender Sehnsucht. Wenigstens für sie sollten seine Tränen noch zu etwas nütze sein. Joseph zog sein Mobiltelefon aus der Tasche und klickerte sich durch das Menü, bis er die Kamerafunktion fand. Er musste sich beeilen, denn der Tränenstrom drohte zu versiegen, und dabei waren doch Tränen das einzige, was Pömmèrâncé, dieses heißblütige französische Vollweib, zur Rückkehr bewegen könnte. Sie fand ihn nämlich immer wie einen gefühlskalten Klotz, so harsch hatte sie es ihm gesagt, bevor sie gegangen war, ihn allein lassend in einem Scherbenhaufen des Glücks, der einmal eine wundervolle Liebe gewesen war. Joseph presste die Augen mit der Wangenmuskulatur zusammen, sodass die Tränendrüsen seinem Gesicht wie saure Zitronen einem Fisch noch einen guten Tropfen servierten.
»Klick!«, machte die Kamera, und schnell noch mal, »Klick, Klick, Klick!«
Viel Zeit blieb nicht, sein Leiden auf Zelluloid, besser gesagt in Bits und Bytes zu verewigen. Doch das Ergebnis war zufriedenstellend. Wie für Pömmèrâncé gemacht glänzte die zarte Perle seiner Seele im Lichte der untergehenden Sonne, die man von diesem Teil der Büroetage bestaunen konnte.
»Pömmèrâncé«, schrieb er in die das Foto begleitende digitale Nachricht, »komm zurück zu mir! Ich weine Tränen der Verbitterung, der Liebe und Erinnerung!«
[...]
Joseph hatte in einem Online-Auktionshaus drei gebrauchte Schützenpanzer aus Restbeständen der Nationalen Volksarmee ersteigert. Dazu kistenweise Handfeuerwaffen, kleinere Mörser und Munition satt. Die gesamte Ausrüstung war bereits in einer eilends angemieteten Scheune eines Bauern untergestellt worden, der am Stadtrand von H. eine letzte Bastion der Aufrechten im Kampf gegen die immer mehr um sich greifenden Hanfplantagen des Bürgermeisters bildete.
»Hanf!«, schnaubte Joseph und sein Blick gerierte immer stierischer, wobei der verbliebene, von der Nasenspitze hängende Tränenrotz flatternd vibrierte.
»Bitte?«, fragte ängstlich das Fräulein Krüger, seine gerade an ihn herangetretene Sekretärin, eine verbrauchte Mittfuffzigerin, die nach einer steilen Hartz-IV-Karriere nun auf Kosten des Arbeitsamtes seine Mahnungen tippte und das Telefon blockierte.
»Hanf! Hanf! Hanf!«, schnaubte Joseph wieder und wieder, worauf sich der Schnodder löste und gegen die Fensterscheibe klatschte. Dort sank er langsam die Glasfläche hinab, so langsam, wie die Abendsonne in die Abgründe des Kosmos tauchte, während es auf der Welt finster wurde. Joseph starrte auf die unheilvolle Gleichzeitigkeit hinabgleitenden Rotzes und abendlicher Götterdämmerung. Ein böses Omen? Eines, das seine geplante Unternehmung zum Scheitern verurteilte? Doch Joseph ignorierte solch unselig pessimistische Gedanken als unausgegorene Sandkastenexperimente seines gemarterten Verstandes.
Hanf, das war eigentlich Josephs Konzept für die krisengebeutelte Stadt H. gewesen. Mit Hanf hatte er den Bürgermeister geködert und die Einwohner gefangen wie ein anderer einst die Ratten von Hameln. Joseph, der selbst vor Jahren, am Ende seiner Jugend, wegen Marihuanahandels im Gefängnis gesessen hatte, war heute so anständig, dass es die Spatzen in H. von den Dächern pfiffen.
Er hatte damals, in den langen Stunden der justiziabel erzwungenen Inhärenz, ein geradezu meisterliches Buch geschrieben, diktiert in die knochigen Gichtfinger seines Zellengenossen und heutigen Buchhalters Markwart Milz: 'Mein Hanf' hieß das Werk, in dem er den Weg eines geläuterten Ehrenmannes an die Schaltstellen der Ökonomie vorzeichnete. Er schwor darin jeglicher Drogenaffinität ab und zeigte der Gesellschaft die Alternative: Große Hanfplantagen von einer Züchtung ohne jugendverderbende Inhaltsstoffe sollten die heimische Seilindustrie unabhängig machen vom Import. Und welcher Ort eignete sich nicht besser für die Umsetzung seines großen Wurfs, wenn nicht das armselige Städtchen H. mit seiner darbenden Seilindustrie?
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Provinzposse
DERHANK
Erzählung
eBook
21 Seiten
ISBN 978-3-7380-3050-1
0,99 €
erhältlich im Online-Buchhandel
Für Joseph K. – bis über beide Ohren in sich selbst verliebter Autor des Bestsellers „Mein Hanf“ und Inhaber eines eher mittel als prächtigen Architekturbüros – schlägt’s 13: Nachdem ihm seine heißgeliebte Pömmèrâncé stiften gegangen ist, muss er erfahren, dass ihm sein wichtigster Bauherr, der Bürgermeister von H., sein Honorar nicht mehr bezahlen will. Doch Josephs Rache ist von apokalyptischer Fürchterlichkeit. Er beschließt, das prächtige Rathaus, das er – finanziert aus den sprudelnden Gewinnen der lokalen Hanfindustrie - dem Bürgermeister ins Stadtzentrum gesetzt hat, in Schutt und Asche zu legen. Doch die Unternehmung gerät zum Fiasko: Ist sein Personal denn vollkommen unfähig? Was treibt Pömmèrâncé mit seinem Widersacher? Und was treiben die tamilischen Landarbeiter mitten im Shitfeld? Und ihre vielarmig verhedderten Götter hoch droben? Fragen über Fragen, an denen sich der Weltenbrand entflammt.
Leseprobe Als die Lenden lodern lernten
Vorwort des Autors
Was ich hier beschrob, ist eine Welt des Horrors und des Grauens! Eine verlogene Welt, so schlimm, wie sie schlimmer vielleicht nur in Wirklichkeit stattfindet, eine Welt des Sodom und Gomorra, in der sich das vom Lodern seiner Lenden angetriebene innere Tier des Menschen in seiner uns fremden Welt der sogenannten Sexualität ebenso ergießt wie in profanstem Blut und Rausche. Unvorstellbar.
Als die Lenden lodern lernten
Joseph konnte seine Tränen nicht länger unterdrücken. Beschämt wendete er sich von seinen Mitarbeitern ab, um ihre Loyalität nicht zu untergraben. Sicher, es war in der heutigen, verweib- und verweichlichten Zeit wohlgesehen, wenn ein Mann den Mut hatte, zu weinen. Aber Joseph war im Grunde seines zerschlagenen Herzens doch mehr vom alten Schlag, einer, der sich nicht unterkriegen ließ, einer, der von keiner Erschütterung so rührselig Zeugnis geben wollte.
Doch diese Erschütterung war auch für ihn zu viel. Der Bürgermeister von H. persönlich, dieser grobschlächtige Sohn einer alteingesessenen Seilerei, der nur durch die Gunst seines Parteibuchs, durch seine polternde, mit Volksnähe allenfalls zu verwechselnde Art und seine mit spitzen Ellenbogen geführte Wirtschaftspolitik in diesen hoch dotierten Posten gerutscht ist, wollte ihm sein Honorar nicht bezahlen.
Dabei hatte Josephs Architekturbüro der gesichtslosen Stadt H. im mittleren Süden des nördlichen Ostwestfalen ein modernes, dem Ort angemessenes, in keinster Weise überzogen wirkendes Rathaus von überregionaler Strahlkraft hingesetzt, von wo aus dieser selbstherrliche Despot nun regierte, als wäre er der König eines Zwergenstaates. Und nun wollte dieser gemeine Schuft, dass Joseph ihm auch noch einen adäquaten Rathausplatz vor die aufgeblasene Nase setzte, und dass für »Umme«, wie man so sagt, weil Joseph doch schon so viel Geld verdient hätte. Dieser Bürgermeister, geprägt von seiner provinziellen Krämerseele, hatte schon immer zugesehen, alles für »Lusche«, wie man auch manchmal sagt, zu bekommen. So war er aufgestiegen in diesem der Welt noch unbekannten Ort, hatte seinen Vorgänger und Parteifreund zu immer neuen Zugeständnissen gedrängt, hatte sich hier ein Pöstchen und da ein Privileg ergaunert, bis der seit Generationen regierende Altbürgermeister unter dem massiven Druck verlogener Machenschaften abdanken musste und seitdem im Düsseldorfer Exil ein trauriges Dasein fristet. Und nun wollte der neue Herrscher, dieser eitle Popanz, mehr und immer mehr.
Ach, wenn Pömmèrâncé ihn doch jetzt so sehen könnte, dachte Joseph in einem Moment aufkeimender Sehnsucht. Wenigstens für sie sollten seine Tränen noch zu etwas nütze sein. Joseph zog sein Mobiltelefon aus der Tasche und klickerte sich durch das Menü, bis er die Kamerafunktion fand. Er musste sich beeilen, denn der Tränenstrom drohte zu versiegen, und dabei waren doch Tränen das einzige, was Pömmèrâncé, dieses heißblütige französische Vollweib, zur Rückkehr bewegen könnte. Sie fand ihn nämlich immer wie einen gefühlskalten Klotz, so harsch hatte sie es ihm gesagt, bevor sie gegangen war, ihn allein lassend in einem Scherbenhaufen des Glücks, der einmal eine wundervolle Liebe gewesen war. Joseph presste die Augen mit der Wangenmuskulatur zusammen, sodass die Tränendrüsen seinem Gesicht wie saure Zitronen einem Fisch noch einen guten Tropfen servierten.
»Klick!«, machte die Kamera, und schnell noch mal, »Klick, Klick, Klick!«
Viel Zeit blieb nicht, sein Leiden auf Zelluloid, besser gesagt in Bits und Bytes zu verewigen. Doch das Ergebnis war zufriedenstellend. Wie für Pömmèrâncé gemacht glänzte die zarte Perle seiner Seele im Lichte der untergehenden Sonne, die man von diesem Teil der Büroetage bestaunen konnte.
»Pömmèrâncé«, schrieb er in die das Foto begleitende digitale Nachricht, »komm zurück zu mir! Ich weine Tränen der Verbitterung, der Liebe und Erinnerung!«
[...]
Joseph hatte in einem Online-Auktionshaus drei gebrauchte Schützenpanzer aus Restbeständen der Nationalen Volksarmee ersteigert. Dazu kistenweise Handfeuerwaffen, kleinere Mörser und Munition satt. Die gesamte Ausrüstung war bereits in einer eilends angemieteten Scheune eines Bauern untergestellt worden, der am Stadtrand von H. eine letzte Bastion der Aufrechten im Kampf gegen die immer mehr um sich greifenden Hanfplantagen des Bürgermeisters bildete.
»Hanf!«, schnaubte Joseph und sein Blick gerierte immer stierischer, wobei der verbliebene, von der Nasenspitze hängende Tränenrotz flatternd vibrierte.
»Bitte?«, fragte ängstlich das Fräulein Krüger, seine gerade an ihn herangetretene Sekretärin, eine verbrauchte Mittfuffzigerin, die nach einer steilen Hartz-IV-Karriere nun auf Kosten des Arbeitsamtes seine Mahnungen tippte und das Telefon blockierte.
»Hanf! Hanf! Hanf!«, schnaubte Joseph wieder und wieder, worauf sich der Schnodder löste und gegen die Fensterscheibe klatschte. Dort sank er langsam die Glasfläche hinab, so langsam, wie die Abendsonne in die Abgründe des Kosmos tauchte, während es auf der Welt finster wurde. Joseph starrte auf die unheilvolle Gleichzeitigkeit hinabgleitenden Rotzes und abendlicher Götterdämmerung. Ein böses Omen? Eines, das seine geplante Unternehmung zum Scheitern verurteilte? Doch Joseph ignorierte solch unselig pessimistische Gedanken als unausgegorene Sandkastenexperimente seines gemarterten Verstandes.
Hanf, das war eigentlich Josephs Konzept für die krisengebeutelte Stadt H. gewesen. Mit Hanf hatte er den Bürgermeister geködert und die Einwohner gefangen wie ein anderer einst die Ratten von Hameln. Joseph, der selbst vor Jahren, am Ende seiner Jugend, wegen Marihuanahandels im Gefängnis gesessen hatte, war heute so anständig, dass es die Spatzen in H. von den Dächern pfiffen.
Er hatte damals, in den langen Stunden der justiziabel erzwungenen Inhärenz, ein geradezu meisterliches Buch geschrieben, diktiert in die knochigen Gichtfinger seines Zellengenossen und heutigen Buchhalters Markwart Milz: 'Mein Hanf' hieß das Werk, in dem er den Weg eines geläuterten Ehrenmannes an die Schaltstellen der Ökonomie vorzeichnete. Er schwor darin jeglicher Drogenaffinität ab und zeigte der Gesellschaft die Alternative: Große Hanfplantagen von einer Züchtung ohne jugendverderbende Inhaltsstoffe sollten die heimische Seilindustrie unabhängig machen vom Import. Und welcher Ort eignete sich nicht besser für die Umsetzung seines großen Wurfs, wenn nicht das armselige Städtchen H. mit seiner darbenden Seilindustrie?
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