Geschichten aus der Todeszelle
Ein Hirnstück in drei Akten
DERHANK
Kurzroman
eBook
99 Seiten
ISBN 978-3-7380-3065-5
1,99 €
erhältlich im Online-Buchhandel
"Ich bin unsichtbar."
Ein Mann in einer Zelle, die der Leser anfangs noch in einem – vielleicht US-amerikanischen – Hinrichtungstrakt verortet, und eine allmorgendlich erscheinende Putzfrau, die mit proletarischer Laxheit seine Befindlichkeiten kommentiert und damit die Beklemmnis einer solchen Gefangenschaft Lügen straft (ohne je mit ihm wirklich zu kommunizieren); das sind die beiden Gegenpole der Geschichten aus der Todeszelle, welche immer weniger als beschriebenes Abbild einer äußerlichen, realweltlichen Einrichtung erscheint, sondern sich Szene für Szene in etwas verwandelt, das man vage als das innere, existenzielle Gefängnis der Seele umschreiben kann.
Der Mann trägt Schuld. Man ahnt die Tat, den Mord, den er begangen hat oder haben muss, doch zugleich ist er selbst Opfer eines im wahrsten Sinne des Wortes 'hingeschissenen' Daseins, sein Körper ist die Hülle des Teufels Exkremente, welcher ihn geformt und zu seinem Ebenbild gemacht hat.
Während der Mann sich mit beängstigender Gleichgültigkeit auf seine Hinrichtung vorbereitet, er Abschied nimmt von seinen Mitgefangenen und dabei die (un-) vorstellbaren Arten des eigenen Todes durchspielt, abstrahiert sich des Lesers Blickwinkel auf seine Zelle unmerklich hin zu einem metaphorischen Blick auf alle möglichen Zellen, profaner wie metaphysischer, in denen man gefangen ist. Die Zelle ist Internat, Klinik, Gotteshaus oder auch Hort unerfüllter, wenn nicht unerfüllbarer Sexualität, sie ist trautes Heim der ihn bis in den letzten Lebenswinkel dominierenden Familie, und als der Mann unter traumhaft traumatischen Umständen seine untere Körperhälfte verliert, ist sie alsbald sein Alters- oder Sterbeheim. Zugleich ist die Zelle die wahre Heimat, in die es ihn, nachdem er ihr tatsächlich entfliehen kann, um draußen nach der vermeintlich wahren zu suchen, zurücktreibt, um sich ihr und der Brutalität dessen, was ihn darin erwartet, mit Hingabe zu unterwerfen.
Die von 2008 bis 2011 für die Internetplattform www.unruhr.de aufgeschriebenen Geschichten aus der Todeszelle sind weder eine lose Textsammlung – dafür stehen sie zu sehr miteinander – auch (mehr oder weniger) chronologisch – in Verbindung –, noch sind sie zusammengenommen ein in sich konsistenter Text – dafür fehlt ihnen jegliche textuelle – in sich schlüssige, innere – Wahrheit, geschweige denn so etwas wie eine auktoriale, also übergeordnete, Rahmen bildende oder gar kategorische Wahrhaftigkeit.
Die Geschichten aus der Todeszelle sind die Leichen in unseren Kellern, Albträume, die wir morgens vergessen haben wollen, abgründig verstörende Trips, die drei Akte, 53 Szenen und zwei Zwischenspiele lang nicht nur kein Ende finden, sondern sich tiefer und tiefer in das innere Todesgefängnis menschlichen Seins hineinschrauben, ein psychedelisch-halluzinogenes Staccato immer absurder gerierender körperlicher, geistiger und seelischer Deformationen, das bestenfalls dem Namen des Verlags zu – wenn auch falscher – Ehre gereicht.
Und immer, wenn man meint, dass es nun schlimmer nicht kommen könne, kommt es doch.
Leseprobe Geschichten aus der Todeszelle
5. Szene: Kackmenschchen
Ich bin ein Kackmenschchen.
Als Gott den gottgleichen Adam aus Lehm formte, da hat der Teufel heimlich zugesehen und sich wie folgt notiert: Man nehme eine weiche, braune Masse, knete sie und forme daraus ein Ebenbild seiner selbst, hauche es an und fertig ist der Mensch.
Zurück in der Hölle hätte Luzifer auch gerne so ein Menschlein gehabt. Und weil er sich beim Baustoff nicht recht zu helfen wusste (und weil er seine Analphase ohnehin nie überwunden hatte), machte er einen großen Haufen mitten auf den nackten Fels und begann selbstvergessen wie ein Kind damit zu spielen. Er formte kleine Figürchen, die mehr oder minder wie jene Ebenbilder Gottes - oder auch wie Luzifer selbst aussahen. 'Humanoide' würde man heute sagen. Und wie Gott hauchte er jedem Einzelnen von ihnen seinen schwefeligen Atem ein und schickte sie zum Paradies, um Lehmadam und sein Rippenfräulein zu ärgern.
Leider waren seine Kreaturen aber so missraten, dass die wachhabenden Engel sie angewidert zurückschickten. Derart unvollkommene (und übelst stinkende) Wesen hatten im Paradies nichts zu suchen. Sie blieben also außen vor, und weil der Teufel sie auch nicht mehr brauchte, fristeten sie ihr kümmerliches Dasein fortan in Mühe, Sorge, Angst und Schmerz. Als es Luzifer endlich gelang, mit dem Schlange-Apfel-Trick auch Adam und Eva aus dem Paradies herauszuholen, da war die Welt schon bevölkert von menschlichen Wesen, die nichts Göttliches an sich hatten.
Den Rest der Geschichte kennen wir. Gottgleiche und Kackmenschchen vermischten sich und ergaben zusammen die heutige Menschheit. Doch die meisten Menschen sind entweder mehr von der einen oder mehr von der anderen Natur. Dadurch gibt es einen wesentlichen Unterschied: Die Gottgleichen finden zurück ins Paradies, weil sie sich daran ERINNERN. Sie haben das Paradies noch in sich, sind also gefestigt in ihren Wünschen, sind klar, geradeheraus und das, was man heute 'ehrlich' oder auch 'authentisch' nennt. Wir anderen, wir kennen das Paradies nicht, wir TRÄUMEN nur davon, weil wir, seit uns Luzifer in die Welt geschickt hat, vergeblich versuchen, in etwas hinein zu kommen, von dem wir keine Ahnung haben, was es eigentlich ist.
[...]
Ein Hirnstück in drei Akten
DERHANK
Kurzroman
eBook
99 Seiten
ISBN 978-3-7380-3065-5
1,99 €
erhältlich im Online-Buchhandel
"Ich bin unsichtbar."
Ein Mann in einer Zelle, die der Leser anfangs noch in einem – vielleicht US-amerikanischen – Hinrichtungstrakt verortet, und eine allmorgendlich erscheinende Putzfrau, die mit proletarischer Laxheit seine Befindlichkeiten kommentiert und damit die Beklemmnis einer solchen Gefangenschaft Lügen straft (ohne je mit ihm wirklich zu kommunizieren); das sind die beiden Gegenpole der Geschichten aus der Todeszelle, welche immer weniger als beschriebenes Abbild einer äußerlichen, realweltlichen Einrichtung erscheint, sondern sich Szene für Szene in etwas verwandelt, das man vage als das innere, existenzielle Gefängnis der Seele umschreiben kann.
Der Mann trägt Schuld. Man ahnt die Tat, den Mord, den er begangen hat oder haben muss, doch zugleich ist er selbst Opfer eines im wahrsten Sinne des Wortes 'hingeschissenen' Daseins, sein Körper ist die Hülle des Teufels Exkremente, welcher ihn geformt und zu seinem Ebenbild gemacht hat.
Während der Mann sich mit beängstigender Gleichgültigkeit auf seine Hinrichtung vorbereitet, er Abschied nimmt von seinen Mitgefangenen und dabei die (un-) vorstellbaren Arten des eigenen Todes durchspielt, abstrahiert sich des Lesers Blickwinkel auf seine Zelle unmerklich hin zu einem metaphorischen Blick auf alle möglichen Zellen, profaner wie metaphysischer, in denen man gefangen ist. Die Zelle ist Internat, Klinik, Gotteshaus oder auch Hort unerfüllter, wenn nicht unerfüllbarer Sexualität, sie ist trautes Heim der ihn bis in den letzten Lebenswinkel dominierenden Familie, und als der Mann unter traumhaft traumatischen Umständen seine untere Körperhälfte verliert, ist sie alsbald sein Alters- oder Sterbeheim. Zugleich ist die Zelle die wahre Heimat, in die es ihn, nachdem er ihr tatsächlich entfliehen kann, um draußen nach der vermeintlich wahren zu suchen, zurücktreibt, um sich ihr und der Brutalität dessen, was ihn darin erwartet, mit Hingabe zu unterwerfen.
Die von 2008 bis 2011 für die Internetplattform www.unruhr.de aufgeschriebenen Geschichten aus der Todeszelle sind weder eine lose Textsammlung – dafür stehen sie zu sehr miteinander – auch (mehr oder weniger) chronologisch – in Verbindung –, noch sind sie zusammengenommen ein in sich konsistenter Text – dafür fehlt ihnen jegliche textuelle – in sich schlüssige, innere – Wahrheit, geschweige denn so etwas wie eine auktoriale, also übergeordnete, Rahmen bildende oder gar kategorische Wahrhaftigkeit.
Die Geschichten aus der Todeszelle sind die Leichen in unseren Kellern, Albträume, die wir morgens vergessen haben wollen, abgründig verstörende Trips, die drei Akte, 53 Szenen und zwei Zwischenspiele lang nicht nur kein Ende finden, sondern sich tiefer und tiefer in das innere Todesgefängnis menschlichen Seins hineinschrauben, ein psychedelisch-halluzinogenes Staccato immer absurder gerierender körperlicher, geistiger und seelischer Deformationen, das bestenfalls dem Namen des Verlags zu – wenn auch falscher – Ehre gereicht.
Und immer, wenn man meint, dass es nun schlimmer nicht kommen könne, kommt es doch.
Leseprobe Geschichten aus der Todeszelle
5. Szene: Kackmenschchen
Ich bin ein Kackmenschchen.
Als Gott den gottgleichen Adam aus Lehm formte, da hat der Teufel heimlich zugesehen und sich wie folgt notiert: Man nehme eine weiche, braune Masse, knete sie und forme daraus ein Ebenbild seiner selbst, hauche es an und fertig ist der Mensch.
Zurück in der Hölle hätte Luzifer auch gerne so ein Menschlein gehabt. Und weil er sich beim Baustoff nicht recht zu helfen wusste (und weil er seine Analphase ohnehin nie überwunden hatte), machte er einen großen Haufen mitten auf den nackten Fels und begann selbstvergessen wie ein Kind damit zu spielen. Er formte kleine Figürchen, die mehr oder minder wie jene Ebenbilder Gottes - oder auch wie Luzifer selbst aussahen. 'Humanoide' würde man heute sagen. Und wie Gott hauchte er jedem Einzelnen von ihnen seinen schwefeligen Atem ein und schickte sie zum Paradies, um Lehmadam und sein Rippenfräulein zu ärgern.
Leider waren seine Kreaturen aber so missraten, dass die wachhabenden Engel sie angewidert zurückschickten. Derart unvollkommene (und übelst stinkende) Wesen hatten im Paradies nichts zu suchen. Sie blieben also außen vor, und weil der Teufel sie auch nicht mehr brauchte, fristeten sie ihr kümmerliches Dasein fortan in Mühe, Sorge, Angst und Schmerz. Als es Luzifer endlich gelang, mit dem Schlange-Apfel-Trick auch Adam und Eva aus dem Paradies herauszuholen, da war die Welt schon bevölkert von menschlichen Wesen, die nichts Göttliches an sich hatten.
Den Rest der Geschichte kennen wir. Gottgleiche und Kackmenschchen vermischten sich und ergaben zusammen die heutige Menschheit. Doch die meisten Menschen sind entweder mehr von der einen oder mehr von der anderen Natur. Dadurch gibt es einen wesentlichen Unterschied: Die Gottgleichen finden zurück ins Paradies, weil sie sich daran ERINNERN. Sie haben das Paradies noch in sich, sind also gefestigt in ihren Wünschen, sind klar, geradeheraus und das, was man heute 'ehrlich' oder auch 'authentisch' nennt. Wir anderen, wir kennen das Paradies nicht, wir TRÄUMEN nur davon, weil wir, seit uns Luzifer in die Welt geschickt hat, vergeblich versuchen, in etwas hinein zu kommen, von dem wir keine Ahnung haben, was es eigentlich ist.
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