Die Nymphaliten

Die ersten Außerirdischen, die auf dem Gipfel des heiligen Uluru aus einem kartoffelförmigen Raumschiff steigen, sind sanftmütige, empathische und stets wohlwollende Schmetterlingsmenschen mit insektoiden Wurzeln. Sie fühlen sich den australischen Ureinwohnern mehr verbunden als dem Rest der Menschheit. Doch ihre Mission ist es, uns alle zu einem beispiellosen Kulturaustausch auf ihren Heimatplaneten einzuladen. Dort aber häufen sich die interspecieistischen Missverständnisse und schüren die Transphobien eines psychotischen CIA-Offiziers. Nicht wissend, was sie tun, lösen die Menschen unter den Nymphaliten eine kollektive Metamorphose aus.

Leseprobe Die Nymphaliten

Die Kinder von Nymph

Niemand erkennt die Außerirdischen in den sechs seltsam deformierten Kindern, die 1968 in einem Bergwerksstollen der Stadt Emschau auftauchen. Auch sie vergessen ihre exoplanetare Herkunft und wachsen im zu Ende gehenden Jahrtausend auf, als gehörten sie zur Menschheit. Sie verlieren sich, begegnen sich wieder, verlieren sich erneut und wissen nicht, dass der Sinn ihrer Existenz allein in der Vernichtung des World Trade Centers liegt. Von den Umwälzungen der Neunziger Jahre mitgerissen, begreifen sie zu spät, dass nicht etwa bin Laden, Ata und Co., sondern sie selbst die eigentlichen Drahtzieher von 09/11 sind. Drahtzieher eines noch viel eigentlicheren Drahtziehers, der in der spukhaft verborgenenGestalt eines Sprüche klopfenden nordaustralischen Erdgeistes die Geschehnisse dirigiert.

Leseprobe Die Kinder von Nymph

Der Ring des Nymphaliten

Voller Hoffnung ist die erste bemannte Marssonde gestartet; an Bord immerhin neun Personen allerlei Geschlechts, sodass einer Fortsetzung der Menschheit nichts mehr im Wege stehen dürfte. Zudem gäbe es ja sonst überhaupt keine Aufnahmen dieser spektakulären Explosionen, bei denen sich die Kontinente langsam von dem Planeten abheben, sauber entlang der Küstenlinien herausfiletiert, Nordamerika, Südamerika, Afrika, Australien und natürlich die riesige eurasische Platte, deren Ureinwohnern man diesen ganzen Schlamassel letztendlich zu verdanken hat, ferner die Antarktis und all die großen und kleinen Inseln wie Island, Japan und Neuseeland, und die vielen, vielen Bruchstücke, die zwischen Kanada und Grönland liegen, alle steigen sie, geradezu majestätisch, Meter um Meter um Meter in die Höhe.

Leseprobe Der Ring des Nymphaliten

CYCLUS NYMPHALIDAE
DERHANK


Roman-Trilogie 42 handsignierte Boxen à drei Hardcover plus Begleitheft
(erste limitierte Auflage 2022)
2000 Seiten
ISBN: 978-3-9817782-1-2
99,00 €

Erhältlich nur beim Verlag auf Anfrage (mail (at) LSD-Verlag.de)

DIE NYMPHALITEN beginnt am 4. Juli 2009. Ein Raumschiff besucht die Erde – die Erde oder vielmehr die uns vorenthaltene alternative Wirklichkeit derselben. Es landet auf dem noch immer frech gen Himmel kragenden und keineswegs zerstörten World Trade Center in New York City – beziehungsweise versucht, dort zu landen, wird aber von den Helikoptern der US-Luftwaffe gewaltsam davon abgehalten.

Auf dem heiligen Berg Uluru in Australien haben die Außerirdischen mehr Glück. Sie steigen aus und werden von den dort zelebrierenden indigenen Stammesältesten freundlich empfangen.

Zwar sehen die dank ihrer vollständigen Nacktheit sehr anschaulichen Außerirdischen so aus, wie man sich Außerirdische in etwa vorstellt – also unbehaart, zierlich, die Köpfe kahl, eiförmig und die Augen mangacomicmäßig groß –, doch hinter ihrer vergleichsweise menschlichen Physiognomie steckt eine insektoide Physiologie, die großen Einfluss auf ihre vom Menschen abweichende Geisteshaltung hat. Bis hin zu der Behauptung, unsterblich und anscheinend – oder nur scheinbar? – ohne Sünde, sprich ohne Sex zu sein. Und darüber hinaus radikal gewaltfrei und von unbeschreiblicher Empathie. Was nur möglich ist, weil sie ihre Ontogenese dauerhaft in einem Zustand eingefroren haben, der bei irdischen Insekten dem der Larven gleicht.

Clara Eualldo, australische Ureinwohnerin und engagierte Streiterin für die Rechte ihres Volkes, sowie ihr deutscher Freund Leon Schwerdte, ein verträumter Insektenforscher, gehören ebenfalls und ganz unverhofft zu den ersten Menschen, mit denen die Fremden Kontakt aufnehmen. Leon wird dabei nicht nur zum Namensgeber der Nymphalidae, Nymphaliten oder auch Schmetterlingsmenschen, er ist auch einer der ausgewählten Wissenschaftler, die eingeladen werden, sie zu ihrem Heimatplaneten Nymph zu begleiten.

Doch diese Einladung geschieht nicht ohne Hintergedanken. Dass ihr Interesse ganz besonders den Kindern der Erde gilt, behält Amphipyra Livida, die Sprecherin der Außerirdischen, vorerst für sich. Niemand braucht zu wissen, dass es ihre eigentliche Aufgabe ist, mithilfe der irdischen Kinder die Nymphaliten vor etwas zu schützen, das die Grundfeste ihrer Gesellschaft bedroht.

Bald aber macht ihr die Natur, die eigene wie die der Menschen, einen Strich durch die Rechnung. Eigentlich unmögliche, auf jeden Fall ungeplante sexuelle Aktivitäten zwischen Menschen und Außerirdischen bringen ihr Vorhaben ins Wanken. Und schließlich muss Amphipyra feststellen, dass in den Erdenmenschen Kräfte wirken, die ihre eigene Spezies erfolgreich besiegt hat. Und die wirksamste dieser Kräfte ist die Liebe, die bei den Menschen so ganz anders ist als alles, was sie darunter versteht.

Jonathan Koehler, stellvertretender Leiter der irdischen Mission zum Planeten Nymph und karrierebewusster CIA-Offizier, hat über die Außerirdischen ganz eigene Ansichten. Getrieben von der panischen Angst vor seinem eigenen inneren Tier, welches die engelhaften Wesen in ihm aufzuwecken drohen, schmiedet er immer apokalyptischere Pläne gegen sie – nicht ahnend, dass er damit eine kollektive Metamorphose heraufbeschwört. Und dass die Nymphaliten nur VOR ihrer Metamorphose sanftmütig und gut sind, wird den Menschen schließlich zum Verhängnis.

In DIE KINDER VON NYMPH ist es derselbe 4. Juli 2009, an den die dreizehnjährige Liza zurückdenken muss, kurz bevor sie mit fünf weiteren Kindern in einem Bergwerksstollen im Ruhrgebiet des Jahres 1968 gefunden wird. Drei von ihnen sind offenbar körperlich missgebildet und geistig zurückgeblieben; sie behaupten, keine Menschen zu sein, sondern die letzten Überlebenden eines außerirdischen Volkes. Chelis, Effusa und Perflua wollen sie heißen. Sie sind etwa vier Jahre alt und ihre Geschichte ist Grund genug, ihnen umgehend christliche Namen zu geben und sie in ein norddeutsches Heim für behinderte Kinder einzuweisen.

Djalu nennt sich der vierte Kleine, ein Farbiger, der behauptet, der Sohn einer australischen Mutter namens Clara Eualldo zu sein. Auch er bekommt eine neue Identität verpasst und hat obendrein das zweifelhafte Glück, schon nach wenigen Monaten adoptiert zu werden.

Die vier Kinder sind zu jung, um sich ihre exoplanetare Identität zu bewahren. Sie glauben schließlich an die alternativen Versionen ihrer Herkunft, welche die Erwachsenen für sie erfinden. Nur Liza und ihr elfjähriger Bruder Harry sind zu alt zum Vergessen. Sie bleiben davon überzeugt, in die Vergangenheit geschickt worden zu sein, um etwas ungeschehen zu machen. Etwas, auf das die Menschen zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht ausreichend vorbereitet gewesen waren – beziehungsweise sein würden.

Es ist die Zeit zwischen 1968 und 2001, zwischen »Prager Frühling« und »9/11«, erzählt aus der Perspektive des Außerirdischen Chelis alias Stefan, des Halbblutaborigine Djalu alias Christopher und des Autisten Harry – drei Jungen, die mit ihren Schicksalsschwestern im westdeutschen Wohlfahrtsstaat des zu Ende gehenden Jahrtausends aufwachsen. Sie verlieren sich, begegnen sich wieder, verlieren sich erneut – und merken bis zum Schluss nicht, wie sie in die Vorbereitungen und Ausführung der Anschläge auf das World Trade Center verstrickt werden.

Erst als es zu spät ist, erkennen sie, dass nicht die religiösen Fanatiker, sondern sie selbst die eigentlichen Drahtzieher des Attentats sind; die Drahtzieher von noch eigentlicheren Drahtziehern, die jedoch nie selbst, sondern stets nur in der Sprüche klopfenden Gestalt eines australischen Erdgeistes erscheinen, der sich am Ende mit dem Rauch der einstürzenden Türme ins Weltall verzieht.

DER RING DES NYMPHALITEN erzählt, wie Jahre später, wieder schreiben wir den 4. Juli 2009, eine alt gewordene Clara Eualldo vom fernen Planeten Nymph zur Erde zurückkehrt.

Zurück? Sie mag die Erde zwar vor vierzig Jahren verlassen haben, doch sie kehrt heim aus einer Version der Raumzeit, in der »9/11« nie stattgefunden hat. Sie kehrt nicht heim.

Sie kehrt in eine andere, alternative Wirklichkeit zurück, in eine – vielmehr unsere – Wirklichkeit, für die »9/11« sehr wohl existiert. In dieser für sie vermeintlichen Parallelwelt lebt der erfolglose Kurzfilmproduzent DERHANK, der mit ihrer Hilfe die Wahrheit hinter der Wirklichkeit erforscht. Und der daraus ein Projekt macht, von dem er lange nicht weiß, welcher Art es sein soll: Dokumentation, Theater, Roman?

In seinem explorativen Eifer stößt er auf unzählige minimalinvasive Eingriffe der Außerirdischen, mit denen sie in ferner Vergangenheit den Beginn der Menschheitsgeschichte angestoßen haben sollen. Und fast nebenbei weist er nach, dass die Offenbarungsmythen der drei abrahamitischen Religionen mitnichten das Werk eines allmächtigen Gottes sind. In Wahrheit waren Adam und Eva die ersten Kneipiers der Steinzeit, Jesus eine queere Atheistin und Mohammed ein beleidigter Misanthrop, der aus seiner Midlifekrise einen Gott konstruierte und diesen dem Rest der Welt ins Hirn prügeln wollte.

Und dann ist da noch das »Auge des Betrachters«. Es transkribiert die Perspektive der Leserschaft in die eines Zuschauers, der auf einem imaginären Bildschirm die Geschichte zu sehen, zu hören und zu riechen bekommt. Wobei ihn das »Auge« nie zur Ruhe kommen lässt. Geflissentlich spickt es das zu Sehende mit Assoziationen und Spekulationen, die es ihnen, den Lesenden, beiläufig als die eigenen unterstellt.

Allein die Fußnoten versuchen dem Einhalt zu gebieten. Sie bemühen sich, wie man es von Fußnoten erwartet, um Objektivität und Verifizierung durch zusätzliche Hintergrundinformationen. Die Eigenwirklichkeit des »Auges« wird immer offener zurechtgerückt und kritisiert – bis es zur kompletten Infragestellung des zentralen Themas der gesamten Trilogie kommt: der Wahrheit hinter der Wirklichkeit.

Dem kann sich der Roman nur durch einen waghalsigen Kunstgriff entziehen: Er macht seine eigene Veröffentlichung zum Teil der Handlung, wodurch er sich nicht nur vom Autor emanzipiert, sondern dessen physische Wirklichkeit in textliche Logikschleifen auflöst, bis diese sich wie in den Unendlichkeitsreihen gegenüberliegender Spiegel gegenseitig atomisieren. Am Ende eskaliert der Konflikt zwischen Text und Subtext, bis Letzterer die Erzählung an sich reißt und die Handlung zur Fußnote ihrer eigenen Geschichte macht.